Kata(r)strophale WM

Kata(r)strophale WM
Kata(r)strophale WM

Einer ist direkter Nachbar, mit dem anderen teilt man sich das Gasfeld im Persischen Golf – die Halbinsel Katars liegt direkt zwischen den verfeindeten Lokalmächten Saudi-Arabien und Iran.

Freundschaftsspiele

Neben »Sportswashing« verfolgt Katar mit dem Ausrichten internationaler Sportevents aber noch ein anderes Ziel: weltweit Beziehungen knüpfen. Das Emirat liegt mitten im Nahen Osten, einer Region, die wir dank andauernder Konflikte kennen.

Pressing

Katars Position? Im Jemen-Krieg gegen den Iran war es Teil von Saudi-Arabiens Militärbündnis, wurde 2017-2021 während der Katar-Krise aber von eben diesen isoliert, da man radikale Gruppen wie die al-Qaida oder den IS unterstützte und bekam stattdessen Hilfe vom Iran. Als sich 2021 USA und Deutschland aus Afghanistan zurückzogen, half Katar als Vermittler, pflegte aber schon zuvor enge Beziehungen zum Taliban.

Kapitän

Ergo tanzt Katar auf mehreren Hochzeiten, will sich als Vermittler etablieren und damit sein Überleben sichern. Das beste Beispiel hierfür ist Al Udeid, größter US-Luftwaffenstützpunkt der Region, welcher sich unweit der Hauptstadt Doha befindet, wo ausgerechnet die Taliban ihr Auslandsbüro haben. Neue Verbindungen und mehr Aufmerksamkeit, dabei hilft Katar nun die WN.

Eigentor

Noch nie war eine WM so politisch motiviert, doch dabei sollte es nicht bleiben. „Revealed: 6,500 migrant workers have died in Qatar since World Cup awarded“ – Mit dieser Schlagzeile rüttelte die britische Tageszeitung »The Guardian« am 23. Februar 2021 die Welt wach und obwohl schon vorher medial Kritik geübt wurde, war erst die Zahl der 6.500 Toten nötig, um dem Skandal die heutige Bühne zu geben.

Jemen-Krieg: Seit 2015 herrscht ein Krieg im Jemen, wobei Saudi-Arabiens Militärbündnis auf der einen und der Iran auf der anderen Seite durch Unterstützung eingreifen. Mit 370.000 Opfern und Millionen Flüchtenden wird er von der UN als schlimmste humanitäre Krise der Welt eingestuft.

64 Partien – 15.000 Tote?

Der Vorwurf: Um die fehlende Infrastruktur durch neue Stadien, Flughafen, Hotels, Straßen etc. aufzupolieren, mussten Arbeitsmigranten ihr Leben lassen - doch wie viele?

Laut FIFA-Präsident und katarischem WM-Komitee waren es „nur“ 3 Tote. Amnesty International veröffentlichte zwar, dass „zwischen 2010 und 2019 insgesamt 15.021 Staatsangehörige anderer Staaten in Katar gestorben sind“, was wie die Zahl des Guardians, wo sich auf die von den Entsendeländern dokumentierten Fälle bezogen wird, in einer gänzlich anderen Größenordnung liegt, beide Zahlen aber gänzlich unabhängig von Beruf, Arbeitsort und Todesursache sind.

Zeitspiel

Das Problem – Katar untersucht die existierenden Todesfälle nur unzureichend, ist zu intransparent. Ein Großteil wird mit „Natürlicher Tod“ einfach zu den Akten gelegt und das, obwohl laut Human Rights Watch die meisten Verstorbenen junge Männer sind. So ist die tatsächliche Zahl weiterhin unbekannt, aber man weiß über die langen Arbeitszeiten in der Wüstenhitze, das Kafala-System, die menschenverachtenden Unterkünfte, geringe Löhne, ... – Gründe genug für eine unnatürliche Todesursache.

Kafala-System: Rund 80 % von Katars 2,7 Millionen Einwohnern sind Arbeitsmigranten. Sie kommen mit Aussicht auf mehr Lohn aus Ländern wie Nepal (durchs. Jahreseinkommen: 290 €) müssen aber einen Bürgen finden. Die Unternehmen können dafür Pässe einziehen, den Wechsel des Arbeitgebers oder das Ausreisen verbieten, zahlten sittenwidrige Löhne oder lassen sie ganz ausfallen, garantierten keine Krankenversicherung, ... – ein System, das 2020 zwar reformiert wurde, die moderne Sklaverei besteht aber oft weiter.

Vorlage

Einmal im Scheinwerferlicht endete es damit jedoch nicht und das zu Recht. Beschränkte Frauenrechte oder Strafen für Homosexualität – als Teil der arabischen Welt ist die Menschenrechtslage deutlich rückschrittlich. Mit der ersten Fußball-WM im Winter, klimatisierten Stadien oder dem Verbot von Bier kommen noch weiter Kritikpunkte hinzu. Jedoch klärte bereits 2009 ein Bericht von Amnesty International über die Umstände vor Ort auf, warum gewann man ein Jahr später trotzdem die WM-Vergabe?

Die offizielle Seite zum Boykott: www.boycott-qatar.de